Künstler schenken USA eine Mistfliege

Sonja Mühlemann, 20 Minuten, Juli 28, 2014

Zwei Künstler aus der Region kritisieren im US-Staat Virginia Medien und deren Wirkung - mit einer riesigen Mistfliege.

Die beiden Künstler Onur Dinc aus Solothurn und Remo Lienhard (WES21) aus Biel hinterlassen in der Ostenküstenstadt Richmond im US-Bundesstaat Virginia eine ganz spezielle Spur ihres Besuchs: Mit Pinsel, Sprühdosen und Farbroller bemalten sie eine riesige Fassade im Rahmen des Streetart-Festivals Mural Project. Mitten im Getümmel der Innenstadt arbeiteten sie während zehn Tagen und 30 Grad an ihrer Mistfliege.

 

Künstler eingeladen

Das Hybrid aus Getier und Kamera thematisiert den Medienzirkus und dessen Gehirnwäsche - auf 40 Metern Breite und zehn Metern Höhe. «Eine Mistfliege wird von jedem Scheissdreck angezogen - in den USA ist das besonders krass», sagt Onur Dinc. Die Zuschauer hätten die Auswahl zwischen Hunderten TV-Sendern, die alle auf ihre jeweiligen politischen Ansichten ausgerichtet seien. Die Reaktionen auf das provokante Sujets seien mehrheitlich positiv ausgefallen. «Mit vielen Passanten ergaben sich spannende Diskussionen - andere riefen uns wiederum nur ?It's awesome!? zu und gingen weiter», so Dinc. Gerne hätte er längere Zeit mit den Besuchern gesprochen, doch die Arbeit habe ihnen alles abverlangt. «Zehn Tage sind eine kurze Zeit für ein derart grosses Wandbild. Zudem mussten wir einen Lift benutzen, um überhaupt die ganze Wand bemalen zu können.»

Der 35-jährige Solothurner und sein Bieler Kollege wurden von den Mural-Project-Organisatoren persönlich ans Festival eingeladen. «Anfangs habe ich diese Ehre gar nicht richtig realisiert», erzählt Dinc. Schliesslich hätten sich in den vergangenen zwei Jahren international bekannte Szenen-Grössen wie der Spanier Aryz, Ron English oder ROA an den Wänden verewigt.

Freiluft-Museum ist Touristen-Attraktion

Die Organisatoren waren durch eine Wandgemälde in New York auf die beiden Schweizer aufmerksam geworden. Dieses hatten sie im Stadtteil Queens angebracht, an einem Gebäude, das als 5Pointz bekannt geworden war. Künstler aus aller Welt hatten dort ihre Statements hinterlassen. Dinc und Lienhard hatten im vergangenen Jahr Fische gemalt, die sich selber kannibalisierten. Am Ende der Kette stand ein Banker. «Wir wollten auf die Abrissthematik und die Gier nach Businessgebäuden aufmerksam machen», erzählt Dinc. Das Wandbild war in den ganzen USA zu sehen - BBC und die «Huffington Post» berichteten.

 

Das bisher grösste Werk der beiden Künstler ist nun in Richmond zu finden und wird Tausende Besucher anziehen: «Sie fahren mit eigens erstellten Stadtplänen herum und besuchen das Freiluft-Museum», erzählt Onur begeistert. Insgesamt zieren mittlerweile 58 Freiluft-Gemälde das Stadtbild. So etwas wünschte sich der Künstler auch in der Schweiz, sagt aber: «Bei uns braucht man x Bewilligungen und es würde Jahre dauern, bis eine Wand bemalt werden könnte.»