«Aura» lautet das neue Werk des deutschen Rappers Kool Savas. Der Solothurner Künstler Onur Dinc hat das Booklet zum Album gestaltet. Ein Besuch im Atelier.
«Aura» sei ein schweres Wort, findet der Solothurner Künstler Onur Dinc. Und er denke nicht an Farben, wenn er das Wort höre. Vielleicht deshalb ist das neuste Werk von Onur, wie er sich schlicht nennt, schwarzweiss. Der 32jährige Künstler hat das Booklet des Albums «Aura» von Rapper Kool Savas entwickelt und gestaltet. Mit einer Fotografie als Vorbild hat er als Cover ein Porträt von Savas gemalt. Dieser hat den Blick nach oben in die Ferne gerichtet. Onur arbeitet seit Jahren mit derselben kleinen Acrylmalerrolle, so auch für dieses Werk. Die Struktur des Bildes wirkt körnig. Im Innern des Booklets sind weitere Porträts, dazwischen stehen Songzeilen, geschrieben mit Savas’ Handschrift. In einer Special Edition des Albums sind die Bilder mit Schwarzlicht gestaltet, sodass man sie nur mit der dazu passenden Lampe sehen kann.
Ob der Auftrag von einem deutschen HipHop Schwergewicht wie Savas oder von einer Privatperson stammt – für Onur ist jeder Auftrag wie der andere. «Es ist höchstens aussergewöhnlich, dass meine Arbeit von so einer breiten Masse wahrgenommen wird.» Das erhöhe den Druck. Bereits Jahre vor der aktuellen Zusammenarbeit versuchte Savas den Solothurner für die Gestaltung eines Bühnenbildes zu engagieren. Weil dieser damals Vollzeit im Theater Luzern arbeitete, musste er dem Rapper eine Absage erteilen. Und dies, obwohl er selber mit der Musik des Rappers gross geworden ist.
«Du weisst, was du machst»
Das Atelier von Onur befindet sich in Derendingen, einem Ort ausserhalb von Solothurn, mitten im Industriequartier. Er arbeitet in einem grossen, lichtdurchfluteten Raum. Die
Helligkeit betont die Ausdruckskraft der Bilder. Onur hat sich dem Fotorealismus verschrieben, momentan arbeitet er an einer Serie Bilder, welche die Wirtschaftskrise thematisieren.
Die Originalbilder von Savas sind bereits in Deutschland, der Künstler hat sie dem Rapper geschenkt. «Du weisst, was du machst», habe Savas zu ihm gesagt, als das Booklet geplant wurde. «Er hat mir freie Hand gelassen, den Titel ‹Aura› so umzusetzen, wie ich es für richtig empfand.» Das Album kennt Onur bestens, er gefällt ihm sehr gut. Aber er sei zu nah dran, als dass er sich noch ein neutrales Urteil bilden könne. «Auf jeden Fall ist das Album sehr persönlich.»
Melancholie und Reife
«Aura» ist das dritte Soloalbum von Kool Savas. Mit Begriffen unter der Gürtellinie schmeisst der «King of Rap», wie er sich selbst nennt, noch immer gerne um sich. Dennoch klingt er – so abgedroschen es tönen mag – erwachsener. Und vor allem melancholischer. Die Beats der meisten Songs sind auf ein Minimum reduziert und lenken alle Aufmerksamkeit auf die Stimme von Savas. Dieser spielt auf «Aura» lieber mit Metaphern als mit Provokationen und hält im gleichnamigen Titelsong eine Art Rückschau: «Ich erklomm Berge, durchschwamm Meere und verlor beinahe meine Pferde.»
Trotzdem: Die typisch aggressiven Tracks, in denen Savas das eigene Können hervorhebt («Der Letzte meiner Gattung») und im Gegenzug die anderen fertigmacht, fehlen auch auf diesem Album nicht.
Zwischen Onur und dem Rapper Savas bestehen gewisse Parallelen. Beide sind Söhne türkischer Einwanderer, beide sind nicht den geradlinigen Weg gegangen. Während Savas zu Beginn seiner Karriere vor allem provozierte und mit politisch inkorrekten Texten für Furore sorgte, sagt Onur von sich, er habe in seinen ersten 16 Lebensjahren keinen Finger gerührt für die Schule. Während die anderen Schüler die ersten Französischvokabeln lernten, malte er in sein Heft. «Das Erste, was ich in meinem Leben durchgezogen habe, war die Lehre als Baumaler.» Dann erst packte ihn der Ehrgeiz, er lernte Theatermaler und schliesslich Grafiker. Seit drei Jahren ist Onur selbstständig und lebt von seiner Kunst, wie Rapper Savas auch. Diesem würde er den Erfolg gönnen: «Er hat hart an diesem Album gearbeitet.»